Rosenkreuzer
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aus Gasper / Müller / Valentin "Lexicon der Sekten, Sondergruppen und Weltanschauungen" |
Sie bezweckten gegenüber einer erstarrten protestantischen Orthodoxie eine Erneuerung des reformatorischen Impulses mit dem Ziel der „Generalreformation" der ganzen Welt und einer christlichen Gesellschaftsordnung. Deren Basis sollte vor allem die Harmonie zwischen (Renaissance-)Wissenschaft und christlichem Glauben sein („Pansophie"), wie man sie z. B. bei Paracelsus fand. Als Vorbild für die Erneuerung von Kirche, Staat und Gesellschaft wurde, dem allegorischen Denken der Zeit gemäß, die literarische Fiktion einer „Bruderschaft" eingeführt, die von einem zwischen 1378 und 1484 lebenden „Christian Rosencreutz" zum Zwecke einer Kirchenreform gegründet worden sei, dessen Grab 120 Jahre nach seinem Tode, im Jahre 1604, von der Bruderschaft wiederaufgefunden worden sei. Die Herkunft der Symbolik wird verschieden gedeutet: Sowohl Luther als auch Andreae selbst trugen in ihrem Wappen die Rose und das Kreuz. Während neben Comenius und Descartes wahrscheinlich auch der „Winterkönig" Friedrich V. von der Pfalz mit der Rosenkreuzerbewegung sympathisierte (F. A. Yates), distanzierte sich Andreae schon 1619 im Vorwort seines christlichutopischen Staatsromans „Christianopolis" von ihr, hielt aber an der Idee karitativer „christlicher Bruderschaften" fest und gründete als Dekan in Calw eine „societas christiana", das sog. „Färberstift".
Rosenkreuzer und Freimaurer
Seit dem 19. Jh. dient der Begriff Rosenkreuzer v.a. als Selbstbezeichnung verschiedener Okkultgruppen und neognostischer Gemeinschaften: 1865 erfolgte die
Gründung der„ Societas Rosicruciana in Anglia" (SRIA;
Mitglieder u. a.: der Theosoph Franz Hartmann und E. G. Bulwer-Lytton,
bekannt als Autor von „Die letzten Tage von Pompeji"), Hierzu gehören z. B.: die 1909 nach seiner Abwendung von Rudolf Steiner von Max v. Grashoff unter dem Mädchennamen seiner Mutter („Heindel") gegründete „Internationale Rosenkreuzer-Gemeinschaft (Max Heindel)" mit Sitz in Oceanside (Calif.) bzw. Darmstadt; der um 1916 von Spencer Lewis gegründete„Antiquus Mysticus Ordo Rosae Crucis" (AMORC) mit Sitz in San Jose (Calif.) bzw. Baden-Baden, die wohl größte Rosenkreuzer-Organisation der Welt; die seit 1925 entstandene„ Internationale Schule des Rosenkreuzes e. V.lLectorium Rosicrucianum" mit Sitz in Haarlem (Niederlande); die unter Henk Leene, dem Sohn ihres Gründers Jan van Rijckenborgh, von ihr abgespaltene „Esoterische Gemeinschaft Sivas" sowie eine Vielzahl kleinerer Gruppen, wie der „Antiquus arcanus Ordo Rosae rubeae aureae Crucis" (AAORRAC) auf Burg Krämpelstein in Österreich oder die „Fraternitas Rosicruciana" des O.T.O.Führers Hermann Joseph Metzger (früher: Stein am Rhein). In Hamburg ist der Sitz der „Internationalen Weltloge der Bruderschaft zum Rosenkreuz e. V. ", die in Magie und andere Geheimkünste einführen will.
Die Heindel-Rosenkreuzer kennen einen siebenstufigen Pfad: l. Nachdem man einen Vorbereitungskurs von zwölf Lektionen durchgearbeitet hat, folgt 2. die Schüler-Stufe (2 Jahre), 3. die Prüflings-Stufe (5 Jahre) und 4. die Jüngerschafts-Stufe. 5. Wenn ein „Jünger" die Stufe der Laienbrüder erreicht, bekommt er Zugang zu den Übungen des ersten Grades. Die weiteren Grade entsprechen Bewußtseinsstufen, die z. T. erst in weiteren Erdenleben erreicht werden. 6. Auf der Stufe der Adeptschaft ist man vom Reinkarnations-Zwang frei und erbaut sich nur noch freiwillig einen Leib, um der Menschheit, ähnlich wie die „Aufgestiegenen Meister" (Mahatmas) der Theosophen, bei ihrer Entwicklung zu helfen. 7. Nur die „Älteren Brüder" sind eigentlich „Rosenkreuzer" im Vollsinn. Christian Rosenkreuz war erst das 13. Mitglied des Ordens. Nach Rudolf Steiner ist es das erste Ziel der Rosenkreuzer, „daß durch ihren Einfluß das wahre Christentum ... eine Synthesis von allen großen Religionen und Weltanschauungen werden soll". Dieser religiöse Synkretismus wird bei den okkulten Rosenkreuzergruppen in die Praxis umgesetzt: „Der Taoismus, der Brahmanismus, der Buddhismus und das Christentum sind wesentlich, als Befreiungslehre und Befreiungsweg, eins in der Gnosis" (Jan van Rijckenborgh).
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